Aktienexperte Guido Linnenborn analysiert die Tabakbranche

Die Tabakbranche hat in den letzten Jahren stabile Dividenden gezahlt, die Kursverläufe waren zumeist unspektakulär, um nicht zu sagen, negativ, wobei es ein kurzes Zwischenhoch im ersten Halbjahr 2022 gegeben hat.

 Ist ein Investment in die Tabakbranche überhaupt noch zeitgemäß? In vielen Industrieländern ist ein generelles Tabakverbot angedacht oder sogar bereits Gesetz (z. B. in Neuseeland)

Nichtsdestotrotz hält Starinvestor Guido Linnenborn die Tabakbranche für aussichtsreich, gerade vor dem Hintergrund der enorm gestiegenen Kursen der Techaktien: Analysiert werden zunächst die sechs bekanntesten  Tabakunternehmen;

 

  • British american Tobacco: BAT ist der umsatzstärkste Zigarettenhersteller weltweit. BAT `s bekannteste Marken sind Pall Mall und Camel. Und genau diese Marken bereiten dem Konzern Probleme, weshalb BAT im Dez. 23 angekündigt hat, seine Bilanz um 25 Mrd. Pfund (= ca. 29 Mrd €) abzuschreiben- innerhalb eines Zeitraumes von 30 Jahren wohlgemerkt! Damit sind in den nächsten Jahren fast 1 Mrd. Pfund Abschreibungen pro Jahr fällig, die auf den Gewinn drücken. Als Grund wurden von Seiten BAT`s drei Gründe genannt: Erstens eine schwächere Konjunktur, die Raucher annimiert auf preiswertere Marken umzusteigen. Zweitens ein rückläufiger Rauchermarkt und drittens innerhalb des Rauchermarktes noch einmal eine Verschiebung des Raucherverhaltens auf E-Produkte, in denen BAT bislang relativ wenig investiert hat. Mit dem Rückzug von dem US-Markt will BAT wieder auf die Erfolgsspur kommen und mehr in tabakfreie Produkte investieren. Für das laufende Geschäftsjahr rechnet der Konzern mit einem Umsatzwachstum von nur 3%, was am unteren Ende der bisherigen Annahmen liegt. Solche Meldungen sorgen an der Börse für Verunsicherung. Die Aktie brach bei Bekanntgabe der Vorhaben am 6. Dez. 23  um 10% ein. Sollte man diese Aktie deshalb verkaufen? Kurzfristig wird die Aktie wohl weiter einen Abgabedruck behalten. Mittel- bis langfristig sehe ich jedoch weiterhin den Valuecharakter dieses Unternehmens: Erstens wird bei einer Konjunkturbelebung der anteil der hochpreisigen Zigarettenmarken wieder ansteigen- als Raucher ist man weiterhin innerhalb seiner Gruppe selbstbewusst und gibt gerne mit dem „exquisiten“ Produkt, welches man konsumiert, an- wenn man es sich wieder leisten kann. Zweitens besitzt BAT die Finanzkraft, den Übergang zu tabakfreien Produkten zu vollziehen. Die Bilanz ist weiterhin topsolide, der Verschuldungsgrad liegt bei weniger als 45%. Drittens sind 1 Mrd. Pfund Gewinnreduktion für BAT kein schwerer Beinbruch: Bei einem Jahresüberschuss von mehr als 6,5 Mrd. Pfund (2021-23) fällt somit lediglich weniger als 20% des Gewinnes weg- der perspektivisch jedoch durch die verstärkten Aktivitäten im tabakfreien Bereich ausgeglichen werden kann. BAT zahlte in den letzten Jahren eine steigende Dividende mit einer Rendite von fast 8% pro Jahr. Bislang hat sich niemand dazu geäußert, dass diese Dividenden gekürzt werden soll- was der Konzern trotz der drohenden Abschreibungen auch nicht muss. BAT ist kurzfristig kein Kauf, aber bei einem weiteren Rückgang sollte man erneut die Nachrichten des Utnernehmens recherchieren und ggf. zu den niedrigeren Kursen einsteigen. Langfristig werden wird auf der Welt weiterhin Raucher sehen, die Ankündigungen von Schweden und England, rauchfrei zu werden, sind in Bezug auf die Weltbevölkerung wenig relevant und BAT ist ein weltweit operierender Konzern, der immerhin weiterhin mit Umsatzwachstum rechnet, wenngleich lediglich 3%.
  • Altria: Der Kernbereich von Altria ist das Zigarettengeschäft auf dem US-Markt, wo Altria mit zahlreichen Zigarettenmarken, darunter Marlboro und L&M aktiv ist. Daneben vertreibt Altria eine große Anzahl von Weinen und – weitaus weniger bekannt- auch Finanzdienstleistungen. Altria hatte in den letzten Jahren mit der Übernahme von Juul ein Desaster erlitten. Dabei wurden 12 Mrd. $ Eigenkapital verbrannt. Auch für Altria eine Summe, die durchaus bedeutsam ist. Nun ist das Eigenkapital aufgebraucht, das operative Geschäft aber weiterhin profitabel. Altria zahlt die höchste Dividendenrendite, aber hier liegt das große Risiko. Wenn Altria sich entscheidet, wieder Eigenkapital aufzubauen, sind Dividendenkürzungen sicherlich eine Möglichkeit. Altria nur wegen der aktuellen hohen Dividende gewählt zu haben, wäre dann ein Fehler.
  • Imperial brands: Für viele Anleger der europäische Anbieter, in den man gut investieren kann. Hatte in den letzten Jahren keine so teuren Fehlinvestments wie Altria oder BAT. Schüttet sehr hohe Dividenden aus (ca. 9% p. a.) Im vergangenen Geschäftsjahr hatte der Hersteller von Marken wie Winston und Gauloises knapp 32,5 Milliarden britische Pfund (37,2 Mrd Euro) erlöst. Das Geschäft mit den Zigarettenalternativen, das der Konzern seit einiger Zeit verstärkt ausbaut, wuchs im Vergleich zum Vorjahr um mehr als ein Viertel, schrieb wegen der Investitionen aber höhere Verluste.
  • Japan Tobacco Während in Europa und Australien die Raucher seit langem unmissverständlich auf die gesundheitlichen gefahren ihres Lasters hingewiesen werden, ist im asiatischen Raum hier eine vergleichsweise geringe staatliche Kontrolle. Japan Tobacco profitiert von dem steigenden Wohlstand in Indonesien, Indien, Philipinen und den anderen asiatischen Ländern und ist als einzige Aktie in den letzten Jahren nicht nur mit steigenden Dividenden, sondern auch mit Kurszuwächsen aufgefallen. Viele Privatanlegerdepots haben japanische Aktien unterrepräsentiert. Mit Japan Tobacco ist man mit einer Dividendenrendite von über 6% bei guten Wachstumsaussichten recht gut bedient. Die Dividende wird halbjährlich gezahlt.
  • Universal Corp. Die Aktie mit der stabilsten Entwicklung Universal selbst beliefert lediglich die anderen Zigarettenhersteller, aber betreibt selbst keine eigene Zigarettenmarke. Ein hochprofitables Geschäft, welches die letzten 52 Jahren eine steigende Dividende ermöglichte! Letztes Quartal wurde 1,12$ pro Aktie verdient. Das ist ein ziemlicher Rekordwert. Die Verbindlichkeiten belaufen sich auf 1,4 Mrd. $- gegenüber einem Eigenkapital von 2.8 Mrd. $ . (Quelle: https://investor.universalcorp.com/news/news-details/2023/Universal-Corporation-Reports-Second-Quarter-Results/default.aspx) Das sollte weiter steigende Dividenden erlauben.

Nach dem letzten Kursanstieg vielleicht erst einmal warten aber bei Kursschwäche kaufen! Dividendenrendite leider nur bei 5-6%, ist aber im Vergleich zu anderen Branchen immer noch ein sehr guter Wert.